Schnappatmung_150x150 KopieKennen Sie das? Sie erleben etwas und müssen erst einmal nach Luft schnappen? Oder, Sie schnappen nach Luft und geraten in einen regelrechten Kreislauf? Denn sie schnappen vielmals nach Luft , weil auf das erste Erlebnis direkt ein weiteres und noch eins und noch eins und noch eins folgt?

Da kommt man vor lauter nach Luft schnappen nicht mehr zum normalen Atemrhythmus. Da mischt sich Wut mit Ohnmacht oder Verständnislosigkeit.

So wie bei mir neulich. Die Geschichte hat einen IT-Hintergrund, hat aber von der eigentlichen Logik nicht zwingend etwas mit IT zu tun, sondern könnte auch mit jedem anderen Produkt passieren, wie zum Beispiel nach dem Kauf eines neuen Autos.

Weil dies hier kein “IT-Blog” ist, werde ich also immer dann, wenn ich den Eindruck habe, dass es jetzt eventuell zu IT-technisch wird, eine Art Übersetzung dazu schreiben. Die Übersetzung ist dabei ganz einfach, ich übertrage dann den IT-Teil in die Welt der Automobile, also der Idee, wie es wäre, wenn mir das ganze nicht als Notebook-, sondern als Autokäuferin passiert wäre.

Also, mein nigelnagelneues Notebook … Das stand so auf dem Schreibtisch und beim Installieren diverser Applikationen stellte sich schnell ein Erstaunen ein. Ist das neue Gerät tatsächlich unglaublich langsam oder bin ich nur ungeduldig?

Nach ein paar Tests dann der Anruf bei der Hotline und dann die vermeintliche Lösung …

(I = Ich, S = Support, Ü = Übersetzung):

I: “Mein neues Notebook läuft super langsam, wenn es aus dem Internet via WLAN etwas herunterlädt.”

Ü: “Mein neues Auto fährt nur bergab, aber nicht bergauf.”

S: “Kein Problem, schließen Sie doch Ihr Notebook bitte mal per LAN-KAbel an den Router an.”

Ü: “Kein Problem, bitte schleppen Sie Ihr Auto doch mal zur nächsten Tankstelle ab.”

I: “Warum denn das? WLAN funktioniert hier optimal im Büro. Das alte Notebook hat Empfang, das Smartphone ist online und Internetradio läuft. An der Verbindung zum Router liegt es wohl eher nicht.”

S: “Wie alt ist denn der Router?”

Ü: “Wie alt ist denn ihre bevorzugte Tankstelle?”

I: “So ungefähr zwei Jahre …”

S: “Uihhhh, dann müssen Sie den austauschen, dann liegt es an dem …”

S: “Arbeiten Sie im Büro nur mit WLAN?”

I: “Ja.”

S:”Waaass? Da sollten Sie aber mal über eine LAN-Anbindung nachdenken.”

I:”Sie meinen, ich kaufe von Ihnen ein neues Notebook und danach müssen wir hier Schlitze stemmen für die LAN-Verkabelung und den Router austauschen? Haben Sie noch andere Ideen?”

S: “Sie sollten die Treibersoftware für die WLAN-Karte aktualisieren.”

Ü: “Sie sollten die Birnen der Vorder- und Rückscheinwerfer austauschen.”

S: “Welchen Browser haben Sie übrigens vorhin verwendet?”

Ü: “Bei welcher Mineralölgesellschaft haben Sie übrigens vorhin getankt?”

I: “Firefox.”

S: “Ahh, alles klar. Das gibt Performance-Einbußen unter Windows 8.
Übrigens ist es ganz klar, dass Ihr neues Notebook nicht so schnell ist, in Sachen WLAN wie das alte. Schließlich hat es ein Metallgehäuse. Das hat Einfluss auf den Empfang.”

I: “Sie meinen, Sie stellen Notebooks aus Metall her und wissen, dass zeitgleich eine Grundfunktionalität dadurch beeinträchtigt wird? (*Erstaunen*). Übrigens, mein altes Notebook steht vom Router aus betrachtet genau hinter dem neuen mit Metallgehäuse. Warum hat die alte Rübe dann ein sehr gutes Empfangssignal und der Neue sucht nach Antworten?”

(*Zeitsprung – jetzt wird getestet*)

S: “Und … welche Geschwindigkeit haben Sie jetzt?”

I: “Ich kann Ihnen in Firefox 20 KB/S anbieten und … warten sie … 18 KB/S im Explorer.”

Ü: “Das ist ungefähr so, als würde man versuchen, Spaghetti mit einem Strohhalm zu schlürfen. Prinzipiell machbar, aber sehr, sehr mühsehlig. Oder um bei der Automethapher zu bleiben: Kickstart bei angezogener Handbremse …”

Daraufhin wird ein Techniker für den nächsten Tag avisiert … der dann auch kommt und die WLAN-Karte tauscht und danach stolz das überarbeitete Gerät auf meinem Schreibtisch abstellt.

I: “Komisch, jetzt habe ich überhaupt keinen WLAN-Empfang mehr.”

S: “Oh, dann ist die Hauptplatine kaputt. Das kann beim Austausch passieren.”

Ü: “Beim Reifenwechseln haben wir leider ihren Motor ruiniert. Das kann vorkommen.”

Montag, nächster Techniker mit neuer WLAN-Karte und neuer Hauptplatine. 4 Stunden hier vor Ort. zwischendurch dann das …

S: “Es könnte sein, dass Sie das Betriebssystem nochmals neu installieren müssen …”

I: “Das Problem, dass der WLAN-Empfang sobald ich mit dem Notebook aufstehe und Richtung Router laufe besser wird, ist ein Softwareproblem? [Für IT-ler: If Distance > 6 m then no connection else normal connection. Da gerät man doch ins Grübeln, oder?]

S: “Stimmt, daran kann es nicht liegen.”

Der Techniker werkelte eine ganze Zeit lang im Besprechungsraum, dann endlich der (irgendwie gefühlt triumphale) Einzug des Technikers in unser Büro mit dem neuen Notebook. “Bitte sehr …”
Wie testet man jetzt sinnvoll, ob ein Notebook mit einer sinnvollen Geschwindigkeit im Internet unterwegs ist? Mein Ansatz war vielleicht etwas hemdsärmelig: Einfach auf zwei Notebooks eine Website aufrufen, die ich auf beiden definitiv noch nie aufgerufen hatte.

WWW.AUTOBILD.DE    :-)

Während das alte Notebook schon längst die komplette Website aufgebaut hatte, arbeitete der nigelnagelneue Computer vor sich hin. Ohne Ergebnisse. Was dann auch den Servicetechniker überzeugte und ihn unverrichteter Dinge von Dannen ziehen ließ.

Wenige Tage später der Anruf …

S: “Hallo, wir sind’s. Ich hätte da mal eine Frage … Empfinden Sie die Leistung Ihres neuen Notebooks momentan so, dass sie Sie im Laufe des Produktlebenszyklus signifikant beeinträchtigen würde?”

I: (“Ist die Erde rund?”)

Ergebnis: Das Unternehmen bot an, den Kaufvertrag rückgängig zu machen.

Aber wie war das mit der Schnappatmung?

Die kenne ich im normalen Alltag eigentlich weniger, habe die aber fast durchgängig im oben beschriebenen Prozess gehabt.  Wie also am besten damit umgehen, wenn man das Gefühl hat, dass es einen gefühlt aus den Socken kegelt? Wenn man am liebsten schreien möchte “Sie grandioser Fall von Ahnungslosigkeit” (merken Sie was, der Satz ging durch die Zensur, tatsächlich habe ich etwas ganz anderes gesagt …)

Wie reagiert man am besten in einer Situation, in der man so fassungslos ob der Handlungen der Gegenseite ist, dass man am liebsten jeglichen Frust der vergangenen 12 Monate auf dem Schreibtisch seines Gegenübers verbal platzieren möchte? Schreien, beleidigen, drohen, Türen knallen … eben das ganze volle Programm.

Tun Sie es bitte nicht.

Denn es gibt eine Alternative, auch wenn die im Sog der Emotionen manchmal alles andere als leicht ist. Aber es lohnt sich, sie auszuprobieren. Und mit ein bisschen Übung geht es dann auch von Mal zu Mal leichter.

Bevor Sie das nächste Mal merken, dass Ihre innere „Contenance“ gefährdet ist (egal ob beruflich oder privat und vor allem auch wenn Sie eigentlich im Recht sind), stellen Sie sich ganz bewusst vor, dass Sie neben sich stehen würden und die Szene beobachten würden.

Im Coaching nennt man diese virtuelle Position “Meta-Position”. Dieser Perspektivwechsel nimmt in den meisten Fällen “Druck” aus dem inneren „Dampfkessel“ und lässt uns konstruktiver problematische Gesprächssituationen angehen. Schnappatmung kommt vermutlich immer mal wieder bei den meisten von uns vor. Die Frage ist jedoch, wie man damit umgeht. Vielleicht überlegen Sie sich in der nächsten Situation, in der die Atmung mal wieder verdächtig flackert, wie Sie sich und die ganze Situation einschätzen würden, wenn Sie ein paar Meter weiter weg vom Geschehen stehen würden und welche Tipps Sie sich aus dieser Position selbst geben würden.

P.S. Und an dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Support-Mitarbeiter, die Tag für Tag mit gestressten Kunden zu tun haben und diese Herausforderung souverän meistern.

Dieser Artikel ist in unserer Reihe “C@W Business Insights” erschienen.
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