Pfau_150x150Neulich sah ich ihn wieder in einem Meeting und die Begegnung mit ihm fasziniert mich immer wieder aufs Neue. Ich ahnte schon, dass er im Anmarsch war. Und tatsächlich, da war er …

Der Besprechungspfau (lat. pavo colloquii).

Für diejenigen unter Ihnen, die diesem Wesen bisher noch nicht begegnet sind, hier eine kurze Beschreibung. Vielleicht sagen Sie ja danach „Doch, den kenne ich auch.“

Nehmen wir einmal an, Sie sitzen in einem Meeting, es wird argumentiert, es gibt viele Standpunkte und auf einmal macht einer der Anwesenden eine – für den Besprechungspfau ganz typische – Armbewegung. Sie können Sie ja mal mitmachen, dann wissen Sie am besten, wie sie funktioniert.

Sollten Sie übrigens gerade ein Sakko tragen, müssten Sie das bitte kurz ausziehen, sonst funktioniert die Sache leider nicht. Und das ist auch irgendwie ein Teil des Problems, wie ich weiter unten noch erklären werde.

Außerdem sollten Sie für dieses Experiment sitzen, im Stehen funktioniert es irgendwie nicht. Und ein bisschen Armfreiheit links und rechts neben sich sollten Sie auch haben. Im Büro oder der Flughafen-Lounge funktioniert es, im voll besetzten Flieger eher nicht.

Setzen Sie sich also gemütlich in den Besprechungsstuhl, den Chefsessel oder wo Sie sich eben niedergelassen haben, nehmen Sie die Arme nach oben und verschränken Ihre Hände hinter dem Kopf.

„Wie jetzt …“, höre ich Sie schon fragen, „das ist schon alles?“

Also, eigentlich schon.

Im Gegensatz zu Ihnen hält der Besprechungspfau die Arme aber genau in dieser Position während eines Meetings, spricht dabei oder hört zu. Der Clou an der Geschichte ist, die Arme bleiben eine ganze Weile oben, Hände hinter dem Hinterkopf verschränkt. Solange, dass man wirklich nur noch staunen kann. Als ich irgendwann einmal bemerkte, dass dieses Verhaltensmuster in Meetings immer wieder auftrat, fragte ich mich nach dem „warum“. Meine These ist aktuell, dass es sich dabei um eine Geste des Beeindruckens beziehungsweise des Einschüchterns handelt. Quasi wie bei einem normalen Pfau, wenn er sich durch das „Rad schlagen“ visuell größer macht. Und das kann ein Pfau mehrere Minuten lang machen, ein Besprechungspfau aber eben auch.

Wenn ein Pfau seine Federn zu einem fächerförmigen Rad aufstellt, dann tut er dies übrigens, um mit der plastisch leuchtenden Federzeichnung Fressfeinde abzuschrecken (während der Balz übrigens auch). Vielleicht möchte der Besprechungspfau ja auch Fressfeinde abschrecken. Halt im übertragenen Sinne. Einen Kommentar in Sachen Balz verkneife ich mir an dieser Stelle lieber.

So richtig spannend wird es in einem Meeting, wenn mehrere Besprechungspfaue an einem Tisch sitzen. Ich erinnere mich an eine Besprechung mit sage und schreibe drei Besprechungspfauen! Alle drei hatten zu einem bestimmten Zeitpunkt die Hände hinter dem Hinterkopf verschränkt und das dann ziemlich lange. Das sah auf den ersten Blick sogar noch relaxed aus, auf den zweiten aber eher verkünstelt. Und es war so witzig, dass ich mir überlegte, die Arme selbst hoch zu nehmen und die Hände hinter dem Hinterkopf zu verschränken. In der Psychologie kennt man das unter „Rapport aufbauen“.

Das ging mir aber dann doch ein bisschen zu weit.

Schauen Sie doch mal im nächsten Meeting nach, ob ein Besprechungspfau mit am Tisch sitzt.

P.S. Ich habe ja schon geschrieben, dass die Besprechungspfauenposition bequem nur ohne Jackett geht. Das ist irgendwie schade, denn grade in den  Sommermonaten offenbaren die Hemden dann dunkle Stellen unter den Achseln. Deshalb plädiere ich für Pfauenschutz mit Jackett.

Dieser Artikel ist in unserer Reihe „C@W Business Insights“ erschienen.
Sie können die Business Insights ganz einfach regelmäßig erhalten, indem Sie sich in den Verteiler hier eintragen.

Weitere Artikel aus der Ausgabe Oktober 2013:

Vom Affenzirkus im Büro
Wenn Mitarbeiter die Probleme im Büro des Vorgesetzten abladen, haben diese ein Problem weniger, der Vorgesetzte dafür eines mehr. Wenn Manager die Probleme ihrer Mitarbeiter lösen, führt dies zwangsläufig zu einer sinkenden Effektivität im eigenen Job. Schuld daran sind die Affen.
(weiterlesen)

Mentale Elefantendressur
Manchmal stehen uns mächtig im Weg, dann erschaffen wir mentale Stolperstricke, wo vorher keine waren und sind davon überzeugt, dass unsere Wahrnehmung ein genaues Abbild der Realität ist. Das ist sie aber keineswegs.
(weiterlesen)

Buch mit Widmung zu gewinnen
Wir verlosen 5 Exemplare unseres in diesem Jahr erschienenen Buchs „Wuselmanagement“ unter allen neuen Abonnenten unserer C@W Business Insights. Tragen Sie sich dazu einfach in unseren email-Verteiler ein.
(weiterlesen)